In Pankow

Verliebt in Wilhelmsruh

S-Bahnhof Wilhelmsruh

Von den Omas unserer Kinder haben wir viele Volkslieder- und Stimmungsschallplatten geerbt, sie stehen bei uns im Regal.

Verliebt in Wilhelmsruh? Da fällt mir doch gleich Helga Hahnemann ein. Ja ich habe sie auch gerne gehört und gesehen. Bloß was soll ich über sie zu diesem Thema schreiben?

Mein Sohn sagt: „Is janz einfach, dit steht allet bei Google. Die hat och berlinert und ‚icke‘ is jetzt bei uns salonfähig.“ Dabei hat sie im Jahre 1986 schon gesagt: “Schade, dass wir Berliner keinen Dialekt haben dürfen.” 

Nein, nun mal ernsthaft. Ich höre mir lieber die drei Langspielplatten an, vielleicht werde ich da inspiriert. Was sagt sie da? „Ick bin, was alle sind, een kleenet Menschenkind.“ Sie erzählt vom Lebensmittelladen in der Floraritze wo es drei Stufen hochging und mit Kaninchenställen im Hof.

Zöpfe hat sie gehabt und dünne Arme und Beine und Bollen in den Strümpfen. In Wilhemsruh ist sie eingeschult worden. Ihr erster Kinderfreund hieß Günter. Da war sie neun Jahre alt und erstmals verliebt in Wilhelmsruh! Aber er hatte nur Fußball im Kopf. Er hatte tolle Beine und wurde von allen „Elvis“ genannt. Eines Tages zog er aus, sie sah nur noch die Möbel auf der Straße stehen.

Die Zeit verging, aber sie dachte oft an ihn. Und dann hat sie ihn viel später wieder getroffen. Unter Tausenden hat sie ihn an seinen Beinen erkannt; hatte aber auch schon etwas mehr Bauch. Und sie sagte ihm, dass an ihr auch schon etwas mehr dran sei.

In in wen war sie noch verliebt in Wlhelmsruh? Der Dieter wollte mit ihr nur schmusen. Und … schleppte sie auf die vielen Laubenpieperfeste in der Gegend zum Schwofen.

Sie hat es geglaubt, dass man ihr sagte, sie habe eine gewisse Begabung. Der Vater war der Meinung, sie habe nur Rosinen im Kopp und denkt, damit als Künstlerin viel Geld zu verdienen. Als sie bei der Aufnahmeprüfung zur Schauspielschule einen klassischen Dolchstoß zelebrierte, fiel die Jury fast vor Lachen von den Stühlen. Es war ein schöner Traum gewesen.

Sie war zwar etwas Besonderes, aber eben keine Diva, eher zum weiblichen Clown geeignet. 

Eine tolle Frau zu sein, das wollte sie beweisen. Zu sehr wurden die Künstlerinnen nach dem Busen und nicht nach dem „Köpfchen” beurteilt. Auch zu einer ,,Engelsgleichen” fehlte es ihr an Geduld. Außerdem ist sie oft in manches Fettnäpfchen getreten. 

Und wie verkündigte sie uns im Jahre 1986 – schon weise, sie nannte es “trotz hoher Jugend” – einst im Friedrichstadtpalast? “Dabei sind die Dicken nur halb so verrückt, sehr gemütlich und bleiben friedlich, denn auf ihren breiten Rücken geht ne Menge rauf.”

Berlin war ihre wahre Liebe. Sie nannte sie die allerschönste Stadt, aber auch die größte Nervensäge auf der Welt. Hier in Wilhelmsruh wurde sie ihrem Wunsch entsprechend zur letzten Ruhe gebettet. 

So, sagte ich zu meinem Sohn, das alles hätte ich bei Google sicherlich nicht erfahren zu 

Verliebt in Wilhelmsruh

Übrigens, wir suchen immer nach Frauenpersönlichkeiten, um Straßen oder Plätze in Pankow zu benennen. Helga Hannemann hat bisher nur in meinem Herzen einen Platz gefunden.